Wortlose Nähe
Frau Graef ist mit 102 Jahren die älteste Bewohnerin im Seniorenheim. Die Schwestern kennen sie schon lange und wissen, wie sehr sie Katzen liebt und anderes Getier auch.
Ich besuche sie mit allen drei Tieren: Frida, Filou und Amelie. Amelie übernimmt meist den ruhigsten Part und legt sich zu ihr, Frida wärmt ihr die Füße und mit Filou spiele ich, rege ihn zum Schnurren in der Nähe ihrer Ohren an und lasse ihn mit der kleinen Katzenzunge die Arme und Hände abschlecken.
Bei den ersten Besuchen hatte Frau Graef die Augen meist geschlossen. Mittlerweile sind sie immer 30 Minuten lang offen. Sie sagt kein Wort. Aber sie dreht den Kopf immer in Richtung des Tieres, das sie am Gesicht streift. Sie lässt die Arme zum Streicheln locker führen. Sie hält die Füße ruhig, wenn Frida sie abschleckt. Sie bewegt ihre Finger im Fell von Amelie und scheint manchmal genau hinzuschauen, zum Tier oder in meine Augen...
Es sind ruhige Stunden, in denen ich oft summe oder ein Lied singe, ihr etwas von draußen oder von den Tieren erzähle. Ich kann nicht einschätzen, wie viel sie wahrnimmt. Für mein Empfinden ist sie dann ganz bei uns...